Der Krebs­tod eines Fami­li­en­mit­glieds hat die SP-Stadt­rä­tin Elisa­beth Arnold dazu bewo­gen, einen Teil ihrer Haare zu spen­den. Wieso ein «Side­cut» in den eige­nen Haaren gesell­schafts­po­li­tisch rele­vant ist, wie sie als Fami­lie mit dem fami­liä­ren Verlust umgin­gen und wieso für sie die Bera­tungs- und Unter­stüt­zungs­an­ge­bote der Krebs­liga Bern so wich­tig sind, davon erzählt sie im Gespräch mit mir.

Text: Eva Zwahlen

Elisa­be­th, du hast unlängst einen Teil deiner Haare gespen­det. Anlass dafür war, dass deine Schwie­ger­mut­ter an Krebs verstor­ben ist. Was hat dich zu dieser Haar­spende bewogen?
Mich hat verschie­de­nes zu dieser Haar­spende moti­viert. Es beginnt wohl grund­sätz­lich beim Thema, wie und ob über­haupt man als Frau in unse­rer Gesell­schaft wahr­ge­nom­men wird. Ich empfinde es als sehr anstren­gend und auch bemü­hend, wie wir Frauen auch heute noch um Aufmerk­sam­keit für unsere Anlie­gen kämp­fen müssen. Als ich dann vor eini­ger Zeit auf Insta­gram von einem Coif­feur­sa­lon gefragt wurde, ob ich Lust auf einen soge­nann­ten «Side­cut» habe, wollte ich die Aufmerk­sam­keit, die eine solche Frisur gene­riert, mit der Awaren­ess für Themen, die mir am Herzen liegen, verbin­den. Dazu gehört auch Krebs. Seit ich einen etwas auffäl­li­ge­ren Haar­schnitt habe, werde ich natür­lich auch öfter darauf ange­spro­chen, die Menschen reagie­ren zum Teil etwas irri­tiert. Dies gibt mir jedoch auch die Gele­gen­heit, immer wieder auf die verschie­de­nen Formen der Unter­stüt­zung bei einer Krebs­er­kran­kung hinzu­wei­sen. So zum Beispiel Haar­spenden.

Die Krebs­er­kran­kung von nahen Ange­hö­ri­gen bringt viel Leid über eine Fami­lie. Was hat euch gehol­fen, diese Belas­tung gemein­sam zu bewältigen?
Eine solche Situa­tion ist immer ein Notfall, eine Ausnah­me­si­tua­ti­on, ein wahn­sin­nig gros­ser Eingriff ins Leben. Kinder zwin­gen dich irgend­wie dazu, weiter­zu­ma­chen. Unsere sind ja noch so klein. Wir haben ihnen einfach erklärt, was los ist, auch dann, als meine Schwie­ger­mut­ter dann schluss­end­lich gestor­ben war. Für uns ist der Tod grund­sätz­lich kein Tabu­the­ma, und wir haben auch den einen oder ande­ren Berüh­rungs­punkt mit den Themen Ster­ben und Tod, wenn man so will. Wir wohnen in Bümpliz neben dem Fried­hof, und der Vater des besten Freun­des meiner Toch­ter ist Bestat­ter. Natür­lich schmerzt es wahn­sin­nig, wenn jemand so gehen muss. Meinem Mann und mir hat auch gehol­fen, dass wir beide Kommu­ni­ka­ti­ons­pro­fis sind. Wir haben gelernt, auch in schwie­ri­gen Situa­tionen zu reden. Dies war unsere Thera­pie. Mir ist bewusst, dass es viele Menschen gibt, die dies nicht können. Daher finde ich es so wich­tig, dass es entspre­chende Unter­stüt­zungs­an­ge­bote gibt und Möglich­kei­ten der Hilfe, die Menschen in Anspruch nehmen können. Die Folgen für die Hinter­blie­be­nen nach einem solchen Verlust sind grös­ser, als man denkt.

Eure beiden Kinder wurden in jungen Jahren mit dem Verlust eines nahe­ste­hen­den Fami­li­en­mit­glieds konfron­tiert. Wie habt ihr sie als Eltern auf diesem Weg begleitet?
Unsere Toch­ter ist vier­jäh­rig, der Sohn ist andert­halb. Ihre Gross­mut­ter war ein gros­ser Teil ihres Lebens, sie kam oft zu Besuch und las unse­ren Kindern Geschich­ten vor. Jedoch habe ich den Eindruck, dass Kinder in diesem Alter ein ande­res Zeit­ge­fühl haben als wir Erwach­se­nen. Ob sie jeman­den einen Tag oder ein Jahr nicht sehen, dies macht keinen so gros­sen Unter­schied. Das hat uns dabei gehol­fen, unse­rer Toch­ter zu erklä­ren, dass das Grosi nun nicht mehr da ist. Für sie begann dann einfach ein neuer Lebens­ab­schnitt, das war in ihren Augen normal. Diese Norma­li­tät hat dann wiederum auch uns geholfen.

Die Krebs­liga Bern unter­stützt Betrof­fene und ihre Ange­hö­ri­gen in der Alltags­be­wäl­ti­gung und beglei­tet spezi­ell auch Fami­lien mit Kindern. Hast du diese Ange­bote gekannt und konn­test sie nutzen? Denkst du, dass sie wich­tig sind?
Wir kann­ten die Ange­bote leider nicht. In unse­rem Fall spielte dies jedoch auch keine so grosse Rolle, weil wir eine rela­tiv stabile fami­liäre Situa­tion haben, wofür ich enorm dank­bar bin. Ich bin mir jedoch bewusst, dass dies ganz oft nicht der Fall ist und im Falle einer Krebs­er­kran­kung ganz vieles in die Brüche gehen kann. Oder man stelle sich vor, der eigene Part­ner oder das eigene Kind sind erkrankt, und es kommen finan­zi­elle Belas­tun­gen oder exis­ten­zi­elle Sorgen und Nöte dazu – wie unglaub­lich schlimm! In solchen Fällen ist es ganz wich­tig, dass es diese Unter­stüt­zungs­an­ge­bote gibt und dass man als Betrof­fene die nötige Hilfe erhält.

Als Poli­ti­ke­rin und als Kommu­ni­ka­ti­ons­fach­frau ist es mir wich­tig, dass die Ange­bote bekannt und die Zugänge möglichst nieder­schwel­lig sind. Ich bin gerne bereit, dafür mit meinem Namen hin- und einzu­ste­hen und meinen Teil dazu beizu­tra­gen, damit die entspre­chen­den Infor­ma­tio­nen besser flies­sen. Wich­tig ist mir auch, dass die Leute, die in diesen Bran­chen arbei­ten, über gute Arbeits­be­din­gun­gen verfü­gen. Gerade im Gesund­heits­we­sen oder dem Sozi­al­be­reich sind es ja sehr oft Frau­en, die diese Arbei­ten erle­di­gen, und hier sind wir dann sehr rasch bei Themen wie Gleich­stel­lung und Chan­cen­gleich­heit, die mir sehr am Herzen liegen.

Wie wich­tig ist in deinen Augen das Programm «sicht­bar anders»?
Das Programm kann dabei helfen, ein wenig Norma­li­tät zurück­zu­er­hal­ten, es kann helfen, dass man selber entschei­den kann, wie stark «anders» man sein möch­te, dass man ein Stück der Selbst­be­stim­mung zurück­be­kommt. Es braucht solche Programme unbedingt!

Nicht alle Menschen haben die Möglich­keit, ihre eige­nen Haare zu spen­den. Wie können sie sich dennoch für Krebs­er­krankte engagieren?
Es gibt unend­lich viele Möglich­kei­ten! Einfach mal zuhö­ren, wenn jemand sich mittei­len will, man kann Orga­ni­sa­tio­nen, die forschen, oder solchen, die Bera­tun­gen und Unter­stüt­zung anbie­ten, Geld spen­den, Frei­wil­li­gen­ar­beit, ein wenig Freude schen­ken, Infor­ma­tio­nen verbrei­ten – nicht lange über­le­gen, einfach machen, natür­lich im Rahmen seiner Möglichkeiten.

Elisabeth Arnold & Eva Zwahlen
Elisabeth Arnold & Eva Zwahlen


Elisbeth Arnold – sozial engagierte Social Media Managerin

Die 33-jäh­rige Elisa­beth Arnold sitzt seit 2020 für die SP im Stadt­rat der Stadt Bern. Die zwei­fa­che Mutter hat Kommu­ni­ka­tion an der Zürcher Hoch­schule für Ange­wandte Wissen­schaf­ten ZHAW studiert und arbei­tet als Social Media Mana­ger bei der Bundesverwaltung.


«Sichtbar anders»

Krebs­er­kran­kung und -the­ra­pie brin­gen nicht nur körper­li­che und psychi­sche Belas­tun­gen mit sich, sondern können auch das Ausse­hen verän­dern. Diese unfrei­wil­lige Verän­de­rung bringt Menschen oft in innere Not, ist doch Zufrie­den­heit mit dem eige­nen Ausse­hen sehr wich­tig für das Wohl­be­fin­den und für die Begeg­nung mit ande­ren Menschen. Die Krebs­liga Bern offe­riert Krebs­be­trof­fe­nen seit 2003 über das Ange­bot «sicht­bar anders» eine kosten­lose einma­lige Bera­tung und Ideen für Kopf­be­de­ckun­gen. Für weitere Informationen.


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